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76. Neue Gesetzgebungsvorhaben zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

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Foto von Pixabay

In Zeiten hoher Inflation und negativen Wirtschaftswachstums nehmen Liquidationsengpässe durch nicht beglichene Forderungen zu. Die EU plant nun, die gesetzlichen Vorgaben für Zahlungspraktiken und Zahlungsverzug im B2B-Verkehr zu verschärfen und zu vereinheitlichen. Der Vorschlag für die Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (COM(2023) 533 final) soll die bisherige Zahlungsverzugsrichtlinie ersetzen. Am 20. Oktober 2023 hat der Bundesrat diesen Verordnungsvorschlag beraten und seine Stellungnahme abgegeben.

Ziel der Verordnung ist es, die allgemeine Liquidität der Unternehmen zu stärken und somit deren finanzielle Stabilität sicherzustellen. Dies betrifft insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die oft empfindlicher auf Zahlungsverzögerungen reagieren.

Die wichtigsten Neuregelungen

Zu den wichtigsten Neuregelungen zählen folgende Maßnahmen:

  • Maximal vereinbarte Zahlungsfrist von 30 Tagen: Die bisher geltende Höchstfrist für vertragliche Zahlungsziele wird von 60 Tagen auf 30 Tage verkürzt (vgl. § 271a Abs. 1 S. 1 BGB).
  • Automatische Verzugszinsen und pauschale Entschädigungen: Verzugszinsen sollen künftig automatisch entstehen und nicht mehr als Anspruch geltend gemacht werden müssen. Zudem entsteht eine pauschale Entschädigung für jede verspätet durchgeführte Transaktion, erhöht auf 50 EUR zur Berücksichtigung der Inflation.
  • Behördliche Durchsetzung der Verordnung: Die Mitgliedsstaaten sollen Stellen benennen, die verwaltungsrechtlich gegen Unternehmen vorgehen, die gegen die Verordnung verstoßen. Hierzu zählt auch die Veröffentlichung von Namen verstoßender Unternehmen. 
  • Vertragsklauseln: Geplant ist eine Nichtigkeit von unzulässigen Vertragsklauseln, darunter die Festsetzung von unzulässigen Zahlungsfristen, der Ausschluss oder die Einschränkung von Gläubigerrechten zu Verzugszinsen und Beitreibungskosten, die Verlängerung des Überprüfungsverfahrens über die gesetzlich festgelegte Frist hinaus sowie die absichtliche Verzögerung der Rechnungsübermittlung.
  • Mediation und Streitbeilegung: Die EU-Mitgliedsstaaten richten nationale Mediationssysteme zur Beilegung von Zahlungsstreitigkeiten im Geschäftsverkehr ein.
  • Zahlungen bei öffentlichen Bauaufträgen: Bei öffentlichen Bauaufträgen müssen die Auftraggeber überprüfen, ob die Zahlungen an den Hauptauftragnehmer an die direkten Unterauftragnehmer weitergeleitet wurden.
  • Förderung von Schulungen und digitalen Zahlungsinstrumenten: Die EU-Mitgliedstaaten fördern Schulungen in Kreditmanagement und Finanzwissen. Zudem soll die Verfügbarkeit digitaler Zahlungsinstrumente für KMU gefördert werden.

    Kritik am Entwurf

    Kritik an dem Verordnungsentwurf besteht vor allem wegen der strengen und starren Einschränkung der Vertragsfreiheit. Darüber hinaus werden Wettbewerbsnachteile europäischer Unternehmen im internationalen Wettbewerb befürchtet.

    Neben den Regelungsdetails werden aber auch die zugrunde liegenden Erwägungen kritisiert. So werde nicht hinreichend zwischen Zahlungsausfällen in Folge von Liquiditätsengpässen und fehlender Zahlungsmoral unterschieden.

    Abzuwarten bleibt auch, ob einzelne Geschäftsbeziehungen durch die geplanten Regelungen gefährdet werden. Dagegen spricht, dass eine verbindliche EU-Verordnung gerade zu einheitlichen Standards führt, losgelöst von individuellen Verhandlungssituationen.

    Folgen für Unternehmen

    Unternehmen sollten sowohl ihre Debitoren- als auch Kreditorenpraxis vor dem Hintergrund der geplanten Regelungen prüfen. Dies gilt für Standard-Zahlungsklauseln in Verträgen ebenso wie für die buchhalterische Praxis. Ob bestehende Liquiditätsengpässe durch die Verordnung tatsächlich wirksam bekämpft werden, sollte noch abgewartet und nicht einkalkuliert werden.

    Unsere Autoren:
    echte Branchenkenner!

    Christian Herles
    Christian Herles

    Rechtsanwalt · Salary Partner

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