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58. Einstweilige Verfügung zur Verhinderung einer neuen Gesellschafterliste

Foto von Scott Graham
Die Gesellschafterliste einer GmbH gibt Auskunft über die Gesellschafter sowie von diesen gehaltenen Geschäftsanteilen und hat eine Schlüsselfunktion, wenn es um die Unternehmensnachfolge geht. Dementsprechend wird sie herangezogen, wenn die Stellung des Gesellschafters streitig ist. Im November 2022 hat der BGH entschieden, dass eine einstweilige Verfügung zur Verhinderung einer neuen Gesellschafterliste unter Umständen auch unmittelbar gegen einen Gesellschaftergeschäftsführer erwirkt werden kann und dem betroffenen Gesellschafter ein Unterlassungsanspruch zusteht.
Was ist passiert?
In einer GmbH kam es zu Streitigkeiten zwischen zwei Gesellschaftern, die beide in der Gesellschafterliste eingetragen waren. Einer der beiden Gesellschafter, welcher gleichzeitig auch alleiniger Geschäftsführer der GmbH war, äußerte Zweifel an der Gesellschafterstellung des anderen Gesellschafters. Dementsprechend wollte er die Gesellschafterliste korrigieren und den seiner Meinung nach fehlerhaft eingetragenen Gesellschafter von der Liste streichen. Der betroffene Gesellschafter klagte auf Unterlassung der Einreichung der zu seinen Lasten geänderten Gesellschafterliste.
Die Entscheidung des BGH: Einstweiliger Rechtsschutz auch gegen den Geschäftsführer
Bislang konnte ein Gesellschafter, der aus der Gesellschafterliste entfernt werden soll, eine einstweilige Verfügung gegen die Gesellschaft erwirken, sodass die Geschäftsführung an der Einreichung einer neuen Gesellschafterliste gehindert wurde. Dieser Anspruch richtete sich bis jetzt jedoch nur gegen die Gesellschaft und nicht gegen den Geschäftsführer.
Durch das Urteil des BGH steht nun aber fest, dass ein Unterlassungsanspruch gem. § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog auf die Einreichung einer den Gesellschafter nicht mehr als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste auch gegen den Geschäftsführer persönlich erwirkt werden kann. Dazu müssen jedoch zwei Kriterien erfüllt sein. Zum einen muss der Geschäftsführer auch Gesellschafter sein und zum anderen muss er seine Stellung als Geschäftsführer missbraucht haben, um seine eigennützigen Interessen durchzusetzen. Da beide Kriterien in diesem Fall erfüllt waren, stellte diese Geschäftsführermaßnahme eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Demnach steht dem Kläger ein Unterlassungsanspruch zu, durch welchen er verhindern kann, dass die neue abgeänderte Gesellschafterliste eingereicht wird.
Was passiert, wenn entgegen der Unterlassungsverfügung, die falsche Gesellschafterliste eingereicht wird und das Handelsregister diese auch einträgt?
Zunächst ist festzuhalten, dass das Registergericht keine inhaltliche Prüfpflicht hat, sondern nur die Pflicht, die Liste entgegenzunehmen. Wird eine fehlerhafte Gesellschafterliste ins Handelsregister aufgenommen, könnte man davon ausgehen, dass dies zu harten Konsequenzen für den „richtigen“, jedoch nicht aufgeführten Gesellschafter führt. Nach dem Grundsatz der sogenannten Legitimationswirkung gem. § 16 Abs. 1 GmbHG, gilt nur derjenige als Gesellschafter einer GmbH, der auch als solcher in der beim Handelsregister eingetragenen Gesellschafterliste vermerkt ist. Dementsprechend wäre zum Beispiel ein gutgläubiger Erwerb der Geschäftsanteile durch Dritte möglich.
Lag jedoch schon vor der Eintragung beim Handelsregister eine Unterlassungsverfügung vor, muss die Gesellschaft grundsätzlich die Einreichung der falschen Gesellschafterliste verhindern. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, ist die Gesellschaft so zu behandeln, als sei die unrichtige Gesellschafterliste nie ins Handelsregister aufgenommen worden. Vom Grundsatz der Legitimationswirkung der Gesellschafterliste wird in solchen Fällen abgewichen. Folglich sind Gesellschafterbeschlüsse, die nach dem Einreichen der fehlerhaften Gesellschafterliste trotz Unterlassungsverfügung getroffen werden, nicht rechtens. Die Liste muss korrigiert werden. Dies gilt auch dann, wenn ein Notar die unrichtige Liste eingereicht hat. Allerdings ist umstritten, ob in diesem Fall der Geschäftsführer oder der Notar dafür zuständig ist, eine korrigierte Liste einzureichen.
Fazit – Umsetzung in der Praxis
Ein Gesellschafter einer GmbH, der seine Stellung als Geschäftsführer dadurch missbraucht, dass er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen, verletzt seine gesellschaftliche Treuepflicht gegenüber dem von der Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter. Der nachteilig betroffene Gesellschafter hat einen Anspruch auf Unterlassung gegen den Gesellschaftergeschäftsführer persönlich.
Unser Tipp: Sollten Sie von einer ungerechtfertigten Streichung von der Gesellschafterliste betroffen sein, sollten sie möglichst schnell die Unterlassung geltend machen.
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