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46. Modernisierung des Personengesellschaftsrechts: Überblick über die wesentlichen Änderungen

von | 22 Mai 2023 | Corporate/M&A

Foto von Marten Bjork

Das deutsche Personengesellschaftsrecht wurde am 25. Juni 2021 durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), grundlegend reformiert. Die Änderungen betreffen insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG) und die Partnerschaftsgesellschaft (PartG). Das Gesetz tritt zum 01. Januar 2024 in Kraft. Dabei bringt das MoPeG nicht nur Änderungen für zukünftige Personengesellschaften, sondern dürfte das Gesetz auch bei bereits Bestehenden für Handlungsbedarf sorgen.

 

Was ändert sich für die GbR?

Rechtsfähigkeit der GbR

Die Rechtsfähigkeit der GbR wird mit Einführung des MoPeG, insbesondere der §§ 705 Abs.2, 740 BGB n.F., im Gesetz festgeschrieben. Danach ist eine GbR dann rechtsfähig, wenn sie am Rechtsverkehr teilnimmt. Für eine GbR, welche zum Betrieb eines Unternehmens dient, gilt gemäß § 705 Abs.3 BGB n.F. in Zukunft eine Vermutung der Rechtsfähigkeit.

Weiterhin nicht rechtsfähig bleiben beispielweise die Pool- oder Stimmbindungs-GbR. Diese sind bloße Innengesellschaften und daher auch nicht im neu eingeführten Gesellschaftsregister einzutragen. Eine weitere Folge aus der, in Zukunft gesetzlich festgehaltenen Rechtsfähigkeit der GbR, ist die Möglichkeit der Bildung von Gesellschaftsvermögen (§ 713 BGB n.F.). Bisher handelte es sich beim Gesellschaftsvermögen der GbR immer um ein „gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter“ (§ 718 BGB a.F.).

 

Einführung eines Gesellschaftsregisters (§§ 707 ff. BGB n.F.):

Parallel zum Handelsregister wird ein zentrales elektronisches Register geschaffen, in welchem sich zukünftig Gesellschaften bürgerlichen Rechts, eintragen lassen können. Dabei besteht keine Pflicht zur Eintragung. Die Eintragung in das Gesellschaftsregister ist allerdings Voraussetzung für die Eintragung und den Erwerb von bestimmten Rechten, welche in öffentlichen Registern vermerkt werden müssen. Dies gilt beispielsweise für Rechte an Grundstücken sowie die Stellung als Namensaktionär einer AG, oder als Gesellschafter einer GmbH. Überdies wird die betreffende GbR in Zukunft, bei erfolgter Eintragung, Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten, gegenüber dem Transparenzregister machen müssen. Wird die Gesellschaft im Gesellschaftsregister eingetragen, so hat sie gemäß des § 707a Abs.2 BGB n.F., den Namenszusatz „eGbR“ zu führen.

Nach erfolgter Eintragung wird es der GbR außerdem möglich sein, an einer Spaltung, Verschmelzung, oder einem Formwechsel im Sinne des UmwG, teilzunehmen.

 

Welche Änderungen gelten für GbR und Personenhandelsgesellschaften?

Beteiligungsverhältnisse, Beschlussfassung und Informationsrechte

Mit Einführung des § 709 Abs.3 BGB n.F. und des § 120 Abs.1 S. 2 HGB n.F., wird die bisherige Stimmgewichtung und Gewinn- und Verlustverteilung nach Köpfen abgeschafft und eine Verteilung bzw. Stimmgewichtung nach den Beteiligungsverhältnissen eingeführt.

Ist eine Abweichung hiervon gewünscht, so ist dies in der Satzung der Gesellschaft entsprechend zu regeln. Darüber hinaus wird § 714 BGB n.F. in Zukunft Einstimmigkeit zur Fassung von Gesellschafterbeschlüssen für die GbR vorsehen. Auch hiervon ist eine Abweichung im Wege der Satzungsregelung möglich.

Ferner werden die Informationsrechte der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft in § 717 BGB n.F., umfangreicher ausgestaltet. Besonders zu beachten ist in Zukunft, dass diese Informationsrechte nicht mehr in Gesellschaftsverträgen, ohne Weiteres ausgeschlossen werden können. Für die OHG und die PartG wird damit die Regelung des § 118 HGB a.F. abgelöst. Die Informationsrechte der Kommanditisten bleiben weiterhin im § 166 HGB geregelt.

 

Abfindungsanspruch des Gesellschafters (§ 728 BGB n.F.)

Ist nichts anderes vereinbart, hat die Gesellschaft dem Gesellschafter bei Ausscheiden eine dem Wert seines Anteils entsprechende Abfindung zu zahlen. Die Bewertung des Gesellschaftsanteils richtet sich dabei zukünftig nicht mehr nach dem anteiligen Unternehmenswert. Es findet eine direkte Bewertung des Anteils statt. Abweichende Regelungen im Rahmen der Satzung sollen weiterhin möglich sein.

 

Begrenzung der Haftung nach Ausscheiden eines Gesellschafters (§ 728b Abs.1 S.2 BGB n.F., § 137 Abs.1 S. 2 HGB n.F.)

Zukünftig haftet ein ausscheidender Gesellschafter nur noch, für die während der Mitgliedschaft eingetretenen Pflichtverletzungen. Haftungsansprüche, die auf Pflichtverletzungen der anderen Gesellschafter beruhen – nach Ausscheiden des Gesellschafters – sind dem ausscheidenden Gesellschafter nicht mehr zuzurechnen.

 

Identitätswahrender Wechsel der Rechtsform

Die Reform sieht zukünftig, für den identitätswahrenden Wechsel zwischen Formen der Personengesellschaft/Personenhandelsgesellschaft, nicht mehr die Anwendung von Regelungen des UmwG vor. Es regelt das Verfahren nun im BGB (§ 707c BGB n.F.).

Derartige Statuswechsel sollen in Zukunft aus dem Gesellschaftsregister ersichtlich sein.

 

Freie Wahl des Gesellschaftssitzes

Nach § 706 BGB n.F., soll zukünftig für alle in Deutschland registrierten Gesellschaften ein freies Sitzwahlrecht, unabhängig vom Ort der Eintragung, bestehen. Damit können auch deutsche Personengesellschaften, außerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik, am Geschäftsverkehr teilnehmen und dennoch ihren Sitz im Inland halten. Besondere praktische Bedeutung dürfte diese Änderung im Fall einer KG mit Komplementärin, mit Sitz im Ausland haben. Hier war die Rechtslage bisher unklar.

 

Was ändert sich für Personenhandelsgesellschaften?

Beschlussverfahren in der Personenhandelsgesellschaft

Mit Einführung der §§ 109 ff. HGB n.F. wird erstmalig das Beschlussverfahren in der Personenhandelsgesellschaft gesetzlich geregelt. Beschlussmängel können in Zukunft, angelehnt an die Regelungen im Aktienrecht, via Anfechtung angegriffen werden. Im Sinne der Rechtssicherheit bleibt es allerdings zu empfehlen, Beschlussverfahren und Beschlussmängel in den Gesellschaftsverträgen umfassend zu regeln. Ein Verzicht auf die Einhaltung von Formvorschriften und Fristen bleibt bei Einvernehmen der Gesellschafter möglich. Für die GbR gelten diese Neuerungen nicht. Hier ist weiterhin zu raten, entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag zu kodifizieren. Ein freiwilliger Rückgriff auf die Regelungen des HGB zu Beschlussmängeln ist indes möglich. Gerade in einer GbR mit mehreren Gesellschaftern und damit mehr Potenzial für Streit über die Willensbildung, ist dies empfehlenswert.

 

Informationsrechte und Haftung in der Kommanditgesellschaft

Gemäß § 166 HGB n.F., werden die Informationsrechte der Kommanditisten erweitert und können zukünftig nicht mehr abbedungen werden. Vor Eintragung der KG ins Handelsregister, haftet der Kommanditist weiterhin nur wie ein persönlich haftender Gesellschafter, wenn seine Beteiligung als Kommanditist dem Gläubiger nicht bekannt ist (§ 176 HGB n.F.).

 

Einheits-GmbH & Co. KG (§ 170 Abs.2 HGB n.F.)

Erstmalig wird die Einheitsgesellschaft ausdrücklich im Gesetz erwähnt. Zukünftig werden in derartigen Konstellationen die Rechte der Gesellschafterversammlung der GmbH von den Kommanditisten wahrgenommen.

 

Möglichkeit der Ausübung eines freien Berufs in einer Personenhandelsgesellschaft (§ 107 Abs.1 S. 2 HGB n.F.)

Gesellschaftsformen wie die KG und die GmbH & Co. KG werden, unter berufsrechtlichem Vorbehalt, auch für die freien Berufe zugänglich. Damit wird für Angehörige der freien Berufe neben der Beschränkung der Haftung aufgrund der Berufsausübung auch eine Beschränkung der allgemeinen Haftung möglich. Für Rechtsanwälte gilt dies hinsichtlich den Rechtsformen KG und oHG bereits seit Inkrafttreten der BRAO-Reform. Für andere Berufsstände bleibt abzuwarten, wann und ob diese die notwendigen Folgeänderungen des jeweiligen Berufsrechts seitens der Standesorganisationen umgesetzt werden.

 

Simultaninsolvenz der GmbH & Co. KG (§ 179 HGB n.F.)

Bei einer sogenannten Simultaninsolvenz der GmbH & Co. KG liegt sowohl bei der persönlich haftenden GmbH als auch bei der KG zeitgleich eine Insolvenz vor. Für diesen in der Praxis häufigen Fall, sieht § 179 HGB n.F. nun vor, dass entgegen der bisherigen Gesetzeslage, § 131 Abs.3 S.1 Nr. 2 HGB a.F. (entspricht § 130 Abs.1 Nr. 3 HGB n.F.) keine Anwendung mehr findet. Dies hat zur Folge, dass die persönlich haftende GmbH nicht automatisch aus der KG ausscheidet.

 

Gewinnermittlung und Verteilung

Mit Inkrafttreten des MoPeG, werden die geschäftsführenden Gesellschafter dazu verpflichtet sein, den Jahresabschluss aufzustellen und den gemäß § 709 Abs.3 BGB auf die Gesellschafter entfallenden Gewinn, oder Verlust zu ermitteln. In der Praxis wird damit, die gesellschaftsvertragliche Regelung der Gewinnermittlung und Verteilung umso relevanter.

 

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