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36. Gemeinnützige GmbH – Das Ausscheiden eines Gesellschafters und dessen Abfindung

von | 2 Mrz 2023 | Corporate/M&A

Foto von Kim Donkey

Welchen Abfindungsanspruch hat ein Gesellschafter, der aus einer gemeinnützigen GmbH ausscheidet?

Mit dieser Frage musste sich das OLG Hamm im April 2022 beschäftigen. In dem Gesellschaftsvertrag der gemeinnützigen GmbH hieß es unter anderem: „Scheidet ein Gesellschafter durch Kündigung, Einziehung oder durch eine die Einziehung ersetzende Übertragung an einen Dritten aus der Gesellschaft aus, steht ihm eine Abfindung zu. Die Abfindung berechnet sich nach dem Nennwert des Anteils des ausscheidenden Gesellschafters. […] Im Falle der Einziehung des Geschäftsanteils erhält der betroffene Gesellschafter nur den Nennwert seiner Stammeinlage erstattet.“

Der Kläger, Insolvenzverwalter der gGmbH, begehrte für eine ehemalige Gesellschafterin die Zahlung des vollen wirtschaftlichen Werts ihrer Anteile. Ihm zufolge sei eine Beschränkung auf den Nennbetrag der Stammeinlage nicht zulässig. Die Beklagte behauptete, dass die Beschränkung der Abfindung aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit gemäß §§ 55 ff. AO zulässig sei.

Welche allgemeinen Regeln beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer GmbH greifen, ob und wie diese bei einer gemeinnützigen GmbH greifen und wie das OLG Hamm im geschilderten Fall entschieden hat, schauen wir uns an:

Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer GmbH

Regelungen für den Fall, dass ein Gesellschafter aus der GmbH ausscheiden möchte, sind im besten Falle im Gesellschaftsvertrag geregelt. Scheidet man als Gesellschafter aus einer GmbH aus, ist eine Abfindung für die zu übertragenden Anteile zu leisten. Sollte der Gesellschaftsvertrag keine Abfindungsklausel enthalten, kann der Gesellschafter bei seinem Ausscheiden eine Abfindung gemäß § 738 Abs. 1 S. 2 BGB analog geltend machen. Die Höhe der Abfindung richtet sich dann nach dem Verkehrswert des Unternehmens.

Da das Ausscheiden eines Gesellschafters oft mit einer hohen finanziellen Belastung einhergeht, ist es üblich, die Höhe der Abfindung im Gesellschaftsvertrag zu begrenzen. Ob diese Klausel zulässig ist, richtet sich danach, ob sie das Kündigungsrecht eines Gesellschafters unvertretbar beschränkt, indem sie sein Abfindungsinteresse missachtet und/oder ihn mit einem untragbaren und unübersehbaren Inflations- und Insolvenzrisiko belastet. Dies gilt jedoch nur, wenn die Klausel nicht grob unbillig ist und gegen § 138 BGB verstößt.

Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer gemeinnützigen GmbH – Die Entscheidung des OLG Hamm

Am 13. April 2022 hat das OLG Hamm entschieden, dass die Satzung einer gemeinnützigen Gesellschaft den Abfindungsanspruch eines ausscheidenden Gesellschafters auf den Nennbetrag seiner Stammeinlage beschränken kann. Diese Regelung verstoße nicht gegen §138 BGB, sondern sei zulässig und sogar rechtlich geboten, auch wenn die Abfindung in einem groben Missverhältnis zu dem Verkehrswert des Geschäftsanteils stehe (OLG Hamm, Urt. v. 13.04.2022, Az. 8 U 112/21).

Als Begründung führt das OLG Hamm die Voraussetzungen der Steuerbefreiung der gemeinnützigen Gesellschaft gemäß §§ 55 ff. AO an. Demnach dürfen Gesellschafter einer gGmbH keine Zuwendungen aus deren Mitteln erhalten. Selbst im Falle einer Auflösung der Gesellschaft, könne das Vermögen nicht den Gesellschaftern zufließen, sondern müsse für gemeinnützige o.ä. Zwecke verwendet werden. Würden Gesellschafter bei ihrem Ausscheiden mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile zurückerhalten, könnte dies zu steuerrechtlichen Problemen führen. Hier greife der Grundsatz der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.

Praxishinweis

Die Entscheidung des OLG Hamm reiht sich in die höchstrichterliche Rechtsprechung ein und gibt klare Regelungen über den Abfindungsanspruch vor. Eine gemeinnützige GmbH soll ihre Gesellschafter nicht bereichern. Demnach sind Abfindungsbeschränkungen umfassend möglich und sogar geboten.

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stefan.raethe@baer.legal