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29. Mitarbeiterbeteiligungsprogramme – Diese Begriffe sollte man kennen

von | 22 Dez 2022 | Corporate/M&A, Start-Up

Foto von Waldemar Brandt

Die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmenserfolg ist sowohl aus Sicht der Mitarbeiter als auch aus Sicht des Unternehmens oft eine attraktive Alternative zu hohen Gehältern. So lässt sich mit einem anfänglich relativ geringen finanziellen Aufwand eine starke Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen erzielen. Gleichzeitig steigert die direkte Beteiligung der Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens deren Motivation und Produktivität. Für den Mitarbeiter bietet die Beteiligung, sei es durch eine virtuelle Beteiligung oder eine „echte“ Beteiligung, die Möglichkeit an einem potenziellen Exit entsprechend zu partizipieren. So können die Beteiligungen im Exit-Fall je nach Ausgestaltung durchaus zu sechs- vereinzelt auch siebenstelligen Ausschüttungen an den Mitarbeiter führen.

Die Möglichkeiten der Ausgestaltung solcher Beteiligungsprogramme sind vielfältig. Umso wichtiger ist es, die konkrete Ausgestaltung umfassend beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass die Interessen des Mitarbeiters als auch des Unternehmens gewahrt bleiben. Einige Grundbegriffe und Regelungen dürften und sollten daher in jedem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm zu finden sein.

ESOP vs. VSOP

Zunächst unterscheidet man zwischen der Art der Beteiligung, nämlich dem Employee Stock Option Plan (ESOP) und dem Virtual Stock Option Plan (VSOP). Während ein ESOP Optionen auf echte Gesellschaftsanteile bietet, wird bei einem VSOP eine Beteiligung lediglich in Form eines schuldrechtlichen Vertrags („virtuell“) nachgebildet. Der Mitarbeiter erhält also im Falle der Ausübung seiner Option keine tatsächlichen Anteile am Unternehmen, respektive auch keine Gesellschafterrechte, sondern lediglich eine Geldzahlung, die sich am Wert von tatsächlichen Gesellschaftsanteilen orientiert.

Strike Price

Der Strike Price legt den Wert der Anteilsoption bei Ausgabe an den Mitarbeiter fest. Im Fall der Ausübung der Option wird der Strike Price vom tatsächlichen Wert zum Zeitpunkt der Ausübung abgezogen. Damit wird sichergestellt, dass der Mitarbeiter nur am Wertzuwachs des Unternehmens nach Zuteilung beteiligt wird und nicht am aktuellen Wert. Üblicherweise wird die Bewertung der letzten Finanzierungsrunde vor Ausgabe der Anteile als Strike Price festgelegt.

Dazu ein Beispiel: Zum Zeitpunkt der Ausgabe ist ein Anteil an der Gesellschaft mit 500€ bewertet. Wird nun der Strike Price ebenfalls auf 500€ gesetzt, ist die Anteilsoption im Moment der Ausgabe noch wertlos. Erst ab einer Wertsteigerung des Unternehmens, wird auch die Anteilsoption werthaltig. Wird das Unternehmen anschließend bei einer Bewertung von 1000€ pro Anteil verkauft, hat die Option des Mitarbeiters einen Wert von 500€ pro angesparten Anteil. Dabei kann der Strike Price beliebig gewählt werden. Würde dieser im Beispiel auf 1 € gesetzt, hätte die Anteilsoption des Mitarbeiters im Moment der Ausgabe bereits einen Wert von 499 €.

Vesting

Um den Mitarbeiter langfristig zu binden, wird üblicherweise vereinbart, dass die Anteile (echt oder virtuell) über einen gewissen Zeitraum anwachsen („vesten“). Das bedeutet, dass der Mitarbeiter 100 % der Anteile erst mit Ablauf eines vereinbarten Zeitraums („Vesting Periode“) gutgeschrieben bekommt. Meist wird in der Praxis ein Zeitraum zwischen 3 und 4 Jahren mit einem einjährigen Cliff (s.u.) vereinbart. Dies garantiert eine ausreichend lange Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen und ist hinsichtlich eines Eingriffs in die Berufsfreiheit des Mitarbeiters aufgrund einer Erschwerung der Kündigung aus Art. 12 GG i.V.m § 138 BGB unbedenklich.

Cliff

Bevor der Ansparzeitraum (das Vesting) beginnt, ist es ratsam eine sogenannte Cliff-Periode zu vereinbaren (meist 1 Jahr). Während dieser Zeit spart der Mitarbeiter noch keine Anteilsoptionen an. Erst nach Ablauf der Cliff-Periode beginnt das Vesting der Anteilsoptionen.

Lock-up-Period

Ebenfalls möglich und weit verbreitet ist das Vereinbaren einer sog. Lock-up-Period. Dieser Zeitraum bestimmt, wie lange der Mitarbeiter im Fall eines erfolgreichen Exits die Anteilsoptionen halten muss, bis er sie ausüben kann. Damit soll erreicht werden, dass Mitarbeiter auch über einen Exit hinaus beim Unternehmen verbleiben.

Bad Leaver und Good Leaver

Da das Beteiligungsprogramm den Mitarbeiter an das Unternehmen binden soll, stellt sich natürlich die Frage, was mit bereits erworbenen Anteilsoptionen bei einem frühzeitigen Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen geschieht. Dabei wird zwischen verschiedenen Arten von „Leaver-Events“ unterschieden. Bad-Leaver-Events beschreiben Ereignisse, welche meist ein Verschulden des Mitarbeiters voraussetzen (z.B. ein Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot). In diesen Fällen verliert der Mitarbeiter üblicherweise alle oder einen großen Teil seiner bisher gevesteten Anteile. Anders gelagert sind Good-Leaver-Events, bei welchen der Mitarbeiter unverschuldet aus dem Unternehmen ausscheidet (z.B. in Folge von Krankheit). In diesen Szenarien behält der Mitarbeiter zumeist seine gevesteten Anteile.

Cash oder Exit Event

Unter Cash oder Exit Event versteht man ein Ereignis, zu welchem der oder die Mitarbeiter ihre Optionen zu Geld machen können. Darunter fallen üblicherweise verschiedene Szenarien wie der vollständige Verkauf der Gesellschaft (Exit), ein Börsengang oder eine Finanzierungsrunde mit bestimmten Eigenschaften.

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